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1. Arbeitsvoraussetzungen des Betriebsrats


Hat ein Gesamtbetriebsrat die Legitimation im eigenen Namen auch Ansprüche örtlicher Betriebsräte geltend zu machen?

Der Antragsteller ist der Gesamtbetriebsrat eines grossen Möbelhauses aus Schweden. In diesem Unternehmen existiert ein Gesamtbetriebsvereinbarung, die Informations- und Beteiligungsrechte der jeweils örtlichen Betriebsräte regelt. Der Gesamtbetriebsrat stellte in der Vergangenheit mehrfache Verstösse gegen diese Vereinbarung fest und beantragte schliesslich der Arbeitgeberin aufzugeben, diese Vereinbarung einzuhalten.

Die Arbeitgeberin beantragte die Zurückweisung der Anträge und begründete dies damit, dass der Gesamtbetriebsrat keine Legitimation habe, die Ansprüche der örtlichen Betriebsräte im eigenen Namen geltend zu machen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main gab den Anträgen des Gesamtbetriebsrates statt. Es bejahte auch die Antragsbefugnis des Gesamtbetriebsrates. Es folgte damit der Argumentation des Gesamtbetriebsrates insofern, als im Rahmen der originären Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 BetrVG der Gesamtbetriebsrat die Durchführung der von ihm geschlossenen Vereinbarungen verlangen kann. Überdies könne die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats in einer einheitlichen mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit nicht in Teile gespalten werden, für die einerseits der Gesamtbetriebsrat und andererseits die jeweils örtlichen Betriebsräte zuständig seien. Der Durchführungsanspruch bestehe in vollem Umfang und schliesse auch die Durchsetzung der Rechte der örtlichen Betriebsräte mit ein. Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 30.10.2007, 8 BV/159/07

Ist der örtliche Betriebsrat zuständig, auch wenn es um eine Konzernbetriebsvereinbarung geht?

Nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist für die Mitbestimmungsrechte in erster Linie der örtliche Betriebsrat zuständig. Der Gesamtbetriebsrat oder der Konzernbetriebsrat können nur dann tätig werden, wenn die Angelegenheit um die es geht nicht auf den einzelnen Betrieb oder das Unternehmen beschränkt ist und aus der Natur der Sache heraus zwingend auf übergeordneter Ebene geregelt werden muss. Ein Beispiel dafür ist die Einführung einer unternehmensübergreifenden Informationstechnologie. Ein anderer Grund kann die „subjektive Unmöglichkeit“ einer Regelung auf Betriebs- oder Unternehmensebene sein. Jedenfalls, so die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wenn der Arbeitgeber die Angelegenheit mitbestimmungsfrei so vorgegeben hat, dass eine Regelung nur betriebs- oder unternehmensübergreifend erfolgen kann.

Dies ist bei freiwilligen (aussertariflichen) Leistungen wie insbesondere bei der betrieblichen Altersversorgung, dem Weihnachts- und Urlaubsgeld und bei Bonuszahlungen der Fall.

Das Bundesarbeitsgericht hat aktuell diesen Gestaltungsspielraum in einem wichtigen Punkt eingeschränkt. Danach sollen die örtlichen Betriebsräte auch dann zuständig sein, wenn die Kürzung einer bereits eingeführten Leistung in Rede steht.

Der Kläger machte geltend, dass eine Betriebsvereinbarung, die eine Kürzung einer freiwilligen Leistung vorsah, deshalb unwirksam sei, weil der Konzernbetriebsrat hierfür keine Zuständigkeit gehabt habe. Deshalb beanspruche er die Zahlung zu Recht.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision beim Bundesarbeitsgericht hatte Erfolg.

Zwar enthielt der Tarifvertrag eine Öffnungsklausel, die abweichende Regelungen durch freiwillige Betriebsvereinbarungen zuliess. Das Unternehmen hatte auch entschieden, dass solche Abweichungen nur auf Konzernebene festzulegen sind. Für das Bundesarbeitsgericht war dennoch nicht der Konzernbetriebsrat zuständig. Der Arbeitgeber dürfe die beabsichtigte Kürzung nur mit Zustimmung der Arbeitnehmer umsetzen und da die Zustimmung theoretisch auch auf betrieblicher Ebene vereinbart werden kann, muss der Arbeitgeber jeweils auf örtlicher Ebene separate Verhandlungen führen. Da dies nicht geschehen war, war die mit dem Konzernbetriebsrat vereinbarte Kürzung unwirksam.

Diese Entscheidung hat für die betriebliche Praxis eine erhebliche Bedeutung, z.B. für die betriebliche Altersversorgung. Denn wenn bei einer überbetrieblichen oder konzerneinheitlichen Versorgungsordnung Kürzungen gewollt sind, sind diese nicht mehr durch Vereinbarungen mit dem Gesamtbetriebsrat oder dem Konzernbetriebsrat zu erreichen. Werden also Vereinbarungen mit dem falschen Partner getroffen kann das der Arbeitnehmer mit der Folge rügen, dass für ihn nachteilige Vereinbarungen nicht gelten.

BAG, Urteil vom 19.06.2007, 1 AZR 454/06

Gibt es ein Entsendungsrecht in einen ausländischen Konzernbetriebsrat?

Bei einer deutschen Zwischenholding eines in England ansässigen Konzerns ist ein Konzernbetriebsrat gebildet. In diesen entsenden die Betriebsräte und Gesamtbetriebsräte der in Deutschland ansässigen Unternehmen Mitglieder. Im Jahr 2004 haben zwei englische Konzernunternehmen mit einem Teil der Unternehmen in Deutschland Beherrschungsverträge abgeschlossen. Der Konzernbetriebsrat, der Gesamtbetriebsrat und die beteiligten Betriebsräte sind der Ansicht, durch die Beherrschungsverträge habe die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates nicht geendet.

Das Bundesarbeitsgericht hat, ebenso wie die Vorinstanzen, die auf Feststellung eines Entsenderechts in den Konzernbetriebsrat gerichteten Anträge der Arbeitnehmervertretungen abgelehnt.

Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann für einen Konzern iSv. § 18 Abs. 1 AktG durch Beschlüsse der einzelnen Gesamtbetriebsräte ein Konzernbetriebsrat errichtet werden. Werden die im Inland gelegenen Unternehmen von einer Konzernspitze im Ausland beherrscht, kann ein Konzernbetriebsrat nicht gebildet werden.

BAG, Beschluss vom 14.02.2007, 7 ABR 26/06

Zählen Leiharbeitnehmer?

In dem Betrieb der Arbeitgeberin fanden am 11.03.2002 Betriebsratswahlen statt. Dabei ging der Wahlvorstand unter Einbeziehung mehrerer Leiharbeitnehmer von einer Belegschaftsstärke von über 201 Beschäftigten aus. Dies führte dazu, dass ein aus 9 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt wurde.

Die Arbeitgeberin hat die Wahl angefochten. Sie vertritt die Ansicht, es hätte nur ein aus 7 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt werden dürfen. Im Betrieb gibt es nicht mehr als 200 Beschäftigte. Die Leiharbeitnehmer hätten bei der Ermittlung der Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder nicht berücksichtigt werden dürfen.

Die Vorinstanzen haben die Betriebsratswahl auf Antrag der Arbeitgeberin für unwirksam erklärt. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrates hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt, dass bei der Wahl gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstossen worden ist, § 19 BetrVG. Nach § 9 BetrVG besteht der Betriebsrat in Betrieben mit in der Regel 101 bis 200 Arbeitnehmern aus 7 Mitgliedern, in Betrieben mit in der Regel 201 bis 400 Arbeitnehmern aus 9 Mitgliedern. Im Betrieb der Arbeitgeberin werden nicht mehr als 200 Arbeitnehmer beschäftigt. Leiharbeitnehmer sind zwar nach § 7 Satz 2 BetrVG in der ab dem 28.07.2001 geltenden Fassung bei Betriebsratswahlen in dem Entleihbetrieb wahlberechtigt, wenn sie länger als 3 Monate dort eingesetzt werden. Sie zählen jedoch nicht zu den Arbeitnehmern iSv. § 9 BetrVG. Sie sind daher bei der Ermittlung der Betriebsgrösse nicht zu berücksichtigen.

BAG, Beschluss vom 16.04.2003, 7 ABR 53/02

Was muss ein Wahlvorstand bei einer Betriebsratswahl beachten?

Eine Betriebsratswahl in einem Betrieb mit 84 Betriebsstätten in 24 Orten wurde von 43 wahlberechtigten Beschäftigten angefochten. Sie trugen vor, der Wahlvorstand hatte in nur zwei Betriebsstätten, wenn auch den grössten, einen Abdruck des Wahlausschreibens ausgehängt.

Die beiden Vorinstanzen haben den Antrag abgelehnt. Das Bundesarbeitsgericht hat die Betriebsratswahl für unwirksam erklärt.

Das Bundesarbeitsgericht hat ausgeführt, dass der Wahlaushang in nur zwei von insgesamt 84 Betriebsstätten in ganz Deutschland nicht den Anforderungen des § 3 Abs. 4 Satz 1 WO genügt. Dadurch hätten nicht alle wahlberechtigten Arbeitnehmer die Möglichkeit gehabt, sich in zumutbarer Weise Kenntnis von dem Inhalt des Wahlausschreibens zu verschaffen. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz ist ein Abdruck des Wahlausschreibens vom Tage seines Erlasses bis zum letzten Tag der Stimmabgabe an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen vom Wahlvorstand auszuhängen und in gut lesbarem Zustand zu erhalten. Dadurch soll es dem Wahlberechtigten möglich sein, sich von der Einleitung der Wahl bis zu deren Abschluss über die zur Ausübung ihres Wahlrechts massgeblichen Umstände und Vorschriften zu informieren. Diese Möglichkeit muss für alle Wahlberechtigten gleichermassen bestehen. Das Wahlausschreiben muss so ausgehängt werden, dass es von allen Wahlberechtigten zur Kenntnis genommen werden kann. In einem Betrieb mit mehreren räumlich voneinander getrennten Betriebsstätten in der gesamten Bundesrepublik ist deshalb regelmässig in jeder Betriebsstätte ein Abdruck des Wahlausschreibens auszuhängen. Eine Betriebsratswahl ist nach § 19 BetrVG anfechtbar, wenn das Wahlausschreiben vom Wahlvorstand im Betrieb nicht ordnungsgemäss ausgehängt wurde.

BAG, Beschluss vom 05.05.2004, 7 ABR 44/03

Ist eine Betriebsratswahl auf einem Parkplatz gültig?

Nachdem die Gewerkschaft in einem betriebsratslosen Betrieb die BR-Wahl eingeleitet hatte, drohte der Arbeitgeber allen Arbeitnehmern offen mit Nachteilen, sollte tatsächlich ein Betriebsrat gewählt werden. Diejenigen Arbeitnehmer, die keinen Betriebsrat wollten, forderte er auf, sich aktiv gegen die Wahl einzusetzen. Am Wahltag konnte der Wahlvorstand wegen eines technischen Defekts den im Gewerkschaftshaus vorgesehenen Wahlraum nicht benutzen. Deswegen fand die Wahl kurzerhand auf einem Parkplatz statt. Von den mehr als 90 Mitarbeitern wurden insgesamt genau 8 gültige Stimmen abgegeben. Alle 3 zur Verfügung stehenden Bewerber erhielten dabei mindestens 2 Stimmen. Der Arbeitgeber hat daraufhin die Wahl angefochten.

Das Arbeitsgericht Kiel hat die Wahl für gültig erklärt. Der Umstand, dass auf einem Parkplatz gewählt wurde, führt nicht per se zur Unwirksamkeit. Wahlvorschriften wurden nicht verletzt. Auch erfolgte die Stimmabgabe geheim. Die etwaige Anwesenheit von Betriebsfremden auf dem Parkplatz konnte bei lediglich 3 Kandidaten für 3 Betriebsratsposten keinen Einfluss auf das Wahlergebnis haben. Auch der Umstand, dass nur ganz wenige Stimmen abgegeben wurden, wirkt sich nicht auf die Wirksamkeit der Wahl aus. Die Mehrheit der Belegschaft kann gegenüber einer Minderheit die Betriebsratswahl grundsätzlich nicht verhindern, solange sämtliche Wahlvorschriften eingehalten sind.

Nicht mehr geklärt werden musste, ob das Wahlanfechtungsrecht des Arbeitgebers in diesem Fall bereits wegen verbotener Wahlbehinderung verwirkt gewesen sein könnte.

Arbeitsgericht Kiel, Beschluss vom 13.11.2003, 1 BV 34d/03

Hat ein Betriebsrat Anspruch auf Nutzung von Internet und Intranet?

Die Arbeitgeberin beschäftigt 644 Arbeitnehmer. Etwa 500 Arbeitsplätze sind mit Personalcomputern ausgestattet und verfügen über einen Zugang zum betriebsinternen Intranet. Die übrigen Arbeitnehmer können über einen Personalcomputer in ihrer jeweiligen Abteilung auf das Internet zugreifen. Mehr als 90 der mit einem Personalcomputer ausgestatten Arbeitsplätze haben Zugang zum Internet. Die beiden freigestellten Betriebsratsmitglieder verfügen in ihren Büros über Personalcomputer, die an das Intranet angeschlossen sind. Der Betriebsrat verlangt in einem Beschlussverfahren die Verpflichtung der Arbeitgeberin, die ihm zur Verfügung gestellten Personalcomputer mit einem Internet Zugang zu versehen. Mit einem weiteren Beschlussverfahren begehrt der Betriebsrat die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihm ohne deren vorherige Zustimmung die Veröffentlichung von Beiträgen im Intranet zu gestatten.

Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben den Anträgen in beiden Verfahren stattgegeben.

Die dagegen gerichteten Rechtsbeschwerden der Arbeitgeberin hatten keinen Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht führt aus, dass nach § 40 Abs. 2 BetrVG der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang sachliche Mittel sowie Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung stellen muss. Zu diesen Sachmitteln gehört auch der Zugang zum Internet, mit dessen Hilfe sich der Betriebsrat umfassend und schnell über aktuelle arbeits- und betriebsverfassungsrechtliche Fragen informieren kann. Veröffentlichungen auf einer eigenen Seite im Intranet ermöglichen dem Betriebsrat die umfassende und rechtzeitige Information der gesamten Belegschaft über seine Tätigkeit im Rahmen der ihm obliegenden gesetzlichen Aufgaben. Der Betriebsrat durfte den Internet Zugang und die Nutzung des Intranet für erforderlich halten, da die Arbeitgeberin auf Grund der technischen Ausstattung des Betriebs keine zusätzlichen Kosten entstehen und sie andere entgegenstehende Interessen nicht geltend macht. Der Arbeitgeber darf Beiträge eines Betriebsrates im hauseigenen Intranet nicht eigenmächtig entfernen. Das Intranet ist ein Arbeitsmittel, mit dem der Betriebsrat die Belegschaft über sein Arbeit informiert. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat einen Internetzugang zur Erfüllung seiner Aufgaben bereitzustellen, wenn dadurch keine zusätzlichen Kosten entstehen.

BAG, Beschluss vom 03.09.2003, 7 ABR 8/03

Gibt es einen Freizeitausgleich für Reisezeiten eines Betriebsratsmitglieds?

Ein Betriebsratsmitglied kann nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zum Ausgleich für Fahrtzeiten, die mit der Betriebsratstätigkeit in unmittelbaren Zusammenhang stehen, Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach den im Betrieb des Arbeitgebers geltenden tarifvertraglichen oder betrieblichen Regelungen über die Durchführung von Dienstreisen beanspruchen.

Nichtamtliche Orientierungssätze:

Nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen ausserhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf einen entsprechenden Freizeitausgleich. Dieser Anspruch umfasst auch Wege-, Fahrt- und Reisezeiten, soweit sie in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen.

Für die Bewertung von Reisezeiten, die ein Betriebsratsmitglied bei Betriebsratstätigkeit aufwendet, kommt es auf die im Betrieb des Arbeitgebers geltenden tarifvertraglichen oder betrieblichen Regelungen über die Durchführung von Dienstreisen an. Das folgt aus dem Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot gegenüber Betriebsratsmitgliedern gem. § 78 Satz 2 BetrVG.

Ein Betriebsratsmitglied muss, um einen Anspruch auf Freizeitausgleich geltend zu machen, diesen Freizeitausgleich vom Arbeitgeber verlangen. Die blosse Anzeige über die während der Freizeit geleistete Betriebsratstätigkeit genügt dazu nicht.

BAG, Urteil vom 16.04.2003, 7 AZR 423/01

Wann fällt die Voraussetzung für einen Wirtschaftsausschuss weg?

Die Arbeitgeberin beschäftigte in ihrem Unternehmen früher mehr als 100 Mitarbeiter. Im Mai 2002 wurde ein Wirtschaftsausschuss bestellt. Nach einem Personalabbau im Sommer 2002 arbeiteten in dem Unternehmen dauerhaft nur noch 82 Mitarbeiter. Seitdem informiert die Arbeitgeberin den Wirtschaftsausschuss nicht mehr über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens, weil sie meint, das Amt des Wirtschaftsausschusses habe wegen der Verringerung der Belegschaft geendet.

Der Betriebsrat hat daraufhin beantragt, den Fortbestand des Wirtschaftsausschusses bis zum Ende der Amtszeit des Betriebsrates festzustellen.

Das Bundesarbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Wegen der nicht nur vorübergehenden Verringerung der Belegschaft auf unter 101 Mitarbeiter sind die Einrichtungsvoraussetzungen für einen Wirtschaftsausschuss weggefallen. Das hat die Beendigung der Amtszeit des Wirtschaftsausschusse zur Folge.

Nach § 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist in allen Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständig Beschäftigten Arbeitnehmern ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Das Gesetz enthält aber keine Regelung darüber, ob ein Wirtschaftsausschuss fortbesteht, wenn seine Einrichtungsvoraussetzungen später wegfallen. In § 107 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ist nur geregelt, dass die Mitglieder des Wirtschaftsausschusse vom Betriebsrat für die Dauer seiner Amtszeit bestimmt werden.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass das Amt des Wirtschaftsausschusse endet, wenn die Belegschaftsstärke nicht nur vorübergehend auf weniger als 101 Arbeitnehmer absinkt. Der Wirtschaftsausschuss besteht in diesem Fall nicht bis zur Beendigung der Amtszeit des Betriebrates fort.

BAG, Beschluss vom 07.04.2004, 7 ABR 41/03

Darf ein freigestelltes Betriebsratsmitglied einen Dienstwagen auch privat nutzen?

Im Streitfall hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zur Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit als Vertriebsdisponent ein PKW überlassen, den er auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung auch privat nutzen durfte. Der geldwerte Vorteil wurde versteuert. In dem Nutzungsvertrag ist bestimmt, dass die Gebrauchsüberlassung im Falle der Freistellung von der Dienstpflicht entschädigungslos endet. Nachdem der Kläger als Betriebsratsmitglied nach § 37 Abs. 2 BetrVG vollständig von der beruflichen Tätigkeit freigestellt wurde gab er den Dienstwagen nach Aufforderung der Beklagten zurück.

Seine Klage auf die erneute Überlassung eines PKW zur privaten Nutzung sowie Schadensersatz wegen der vorübergehend entgangenen Nutzungsmöglichkeit hatte letztinstanzlich beim Bundesarbeitsgericht Erfolg.

Die Beklagtee ist verpflichtet, dem Kläger während der Dauer seiner Freistellung als Betriebsratsmitglied einen PKW zur privaten Nutzung zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte wurde auch dazu verurteilt, den durch die Vorenthaltung des Dienstwagens entstandenen Schaden zu ersetzen.

Nach § 37Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder es Betriebsrates ohne Minderung des Arbeitsentgelts von ihrer beruflichen Tätigkeit zu befreien, wenn und soweit dies zur ordnungsgemässen Durchführung der Betriebsratstätigkeit erforderlich ist. Deshalb hat ein von der beruflichen Tätigkeit vollständig freigestelltes Betriebsratsmitglied Anspruch auf weitere private Nutzung eines Dienstwagens, wenn ihm vor der Freistellung zur Durchführung seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit ein Dienstwagen überlassen worden war und er das Fahrzeug auch privat nutzen durfte. Die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung ist ein Sachbezug, der dem Arbeitnehmer wegen der Freistellung als Betriebsratsmitglied nicht entzogen werden darf.

BAG, Urteil vom 23.06.2004, 7 AZR 514/03

Wann hat ein Betriebsrat Anspruch auf Büropersonal?

Vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf stritten die Parteien darüber, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Betriebsrat eine vollzeitbeschäftigte Bürokraft zur Verfügung zu stellen und hierfür die Kosten zu tragen habe. Der Arbeitgeber, ein Tiefdruckunternehmen, beschäftigt ca. 1000 Mitarbeiter. Der Betriebsrat besteht aus 15 Vollmitgliedern und 37 Ersatzmitgliedern. Es bestehen mehrere Ausschüsse. Der Arbeitgeber beabsichtigte umfangreiche Umstrukturierungen durchzuführen, so dass durch den damit verbundenen Schriftverkehr zukünftig zusätzlicher Arbeitsanfall für den Betriebsrat entsteht. Dem Betriebsrat stehen 2 miteinander vernetzte PC – Arbeitsplätze im Betriebsratsbüro und ein separater Fax- und Internetanschluss zur Verfügung. Der Betriebsrat hat bisher keine Bürokraft. Die anfallenden Schreibarbeiten wurden bisher auf die Mitglieder des Betriebsrats verteilt, wobei der nicht freigestellte Schriftführer einen wesentlichen Teil der Schreibarbeiten übernahm. Dies führte dazu, dass er seit seiner Wahl nur ca. 3 Wochen an seinem eigentlichen Arbeitsplatz war. Der Betriebsrat forderte den Arbeitgeber gem. § 40 BetrVG auf, eine für seine Arbeit erforderliche Bürokraft zur Verfügung zu stellen.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf und das Arbeitsgericht haben antragsgemäss zu Gunsten des Betriebsrats entschieden.

Das Bundesarbeitsgericht hat den Beschluss des LAG Düsseldorf aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Die Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Betriebsrat für eine Sitzungen, sein Sprechstunden und seine laufende Geschäftsführung Büropersonal zur Verfügung zu stellen ergibt sich aus § 40 Abs. 2 BetrVG mit der Einschränkung, soweit dies vom Umfang erforderlich ist. Das Bundesarbeitsgericht führt aus, dass es für den Anspruch des Betriebsrats auf eine Bürokraft unerheblich ist, dass bisher die Schreibarbeiten von den Betriebsratsmitgliedern selbst ausgeführt wurden. Gegen den Anspruch spricht auch nicht die moderne Einrichtung des Betriebsratsbüros mit Computern und Internetanschluss. § 40 Abs. 2 BetrVG gewährt dem Betriebsrat einen Anspruch auf Überlassung von Informations- und Kommunikationstechnik sowie Büropersonal und nicht wahlweise eines von beiden. Ob die Überlassung einer Bürokraft in Vollzeit erforderlich ist, hängt vom Umfang der beim Betriebsrat anfallenden Büroarbeiten ab. Massgeblicher Zeitpunkt ist derjenige der Beschlussfassung durch den Betriebsrat. Auf die Darlegung der Erforderlichkeit kann auch in Betrieben mit einer bestimmten Mitarbeiterzahl und einer damit verbundenen Betriebsratsgrösse nicht verzichtet werden. Mit der Grösse des Betriebs und der Anzahl der Beschäftigten steigt zwar regelmässig die Arbeitsbelastung des Betriebsrats. Das erleichtert die Darlegung von Tatsachen für die Erforderlichkeit vollzeitbeschäftigten Büropersonals. Sie erübrigt sich aber nicht dadurch. Der Betriebsrat hat deshalb darzulegen, welche bei ihm anfallenden Arbeiten einer Bürokraft übertragen werden sollen und welchen zeitlichen Aufwand diese mit sich bringen. Tätigkeiten, die dem Betriebsrat nicht obliegen, sondern anderen betriebsverfassungsrechtlichen Organen wie z.B. dem Wirtschaftsausschuss, können jedenfalls nicht von dem antragstellenden Betriebsrat einer Bürokraft übertragen werden. Ebenso wenig können Tätigkeiten, die nicht zu den gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats gehören, berücksichtigt werden. Der Betriebsrat muss ferner bei seiner Entscheidung, die Überlassung einer vollzeitbeschäftigten Bürokraft zu verlangen, nicht nur die Interessen der Belegschaft, sondern auch berechtigte Interessen des Arbeitgebers, insbesondere dessen Kostenbelastung, angemessen berücksichtigen. Dies führt unter bestimmten Umständen dazu, dass der Betriebsrat zumindest einen Teil seiner Tätigkeiten im Büro, wie hier im Fall bisher schon geschehen, selbst durchführen muss und lediglich eine Teilzeitkraft oder die stundenweise Tätigkeit einer Bürokraft als erforderlich iSv. § 40 Abs. 2 BetrVG angesehen wird.

BAG, Beschluss vom 20.04.2004, 7 ABR 14/04

Beförderungsrecht für Betriebsräte?

Die Beklagte, Herausgeberin einer Zeitung, entschied sich, ihre Druckvorstufe zu schliessen. Die damit verbundnen Aufgaben technische Vorbereitung von Texten zum Druck, wurden an einen externen Auftragnehmer vergeben. Damit fiel der Arbeitsplatz eines Betriebsrates weg.

Das Betriebsratsmitglied klagte gegen die Kündigung und machte geltend, er könne doch im Bereich Einkauf/Marketing auf dem Arbeitsplatz des Herrn M. weiter beschäftigt werden. Der Herr M. war jedoch in einer höheren tariflichen Gehaltsgruppe eingestuft.

Dennoch hat das LAG Rheinland-Pfalz dem Kläger Recht gegeben.

Das Gericht führte aus, dass es keinerlei Beschränkungen bei einer gesetzlichen Übernahmeverpflichtung in eine andere Abteilung gebe. Schliesslich würde der Arbeitnehmer auf dem tariflich höher eingruppierten Arbeitsplatz auch eine höhere Arbeitsleistung erbringen.

Diese Rechtsprechung bricht mit dem bisherigen Grundsatz, wonach eine Weiterbeschäftigung grundsätzlich nur auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz in Frage kommt. Wenn es keinen gleichwertigen Arbeitsplatz gibt kam bisher nur ein geringwertigerer in Betracht. Auch widerspricht diese Entscheidung dem betriebsverfassungsrechtlichen Prinzip, wonach Betriebsräte weder besser, noch schlechter gestellt werden dürfen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.11.2007, Sa 914/06

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