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2. Sonderzahlungen


Haben Schwerbehinderte Anspruch auf zusätzlichen Urlaub?

Der schwerbehinderte Kläger macht einen Anspruch auf zusätzlichen Urlaub von 5 Tagen geltend. Mit dem Arbeitgeber war ein Urlaub von 29 Tagen vereinbart. Der Arbeitgeber weigerte sich, den zusätzlichen Urlaub zu gewähren. Er war der Ansicht, der Zusatzurlaub erhöhe nur den gesetzlichen Mindesturlaub iSv. § 3 BUrlG, der 24 Werktage in der 6-Tage-Woche oder 20 Arbeitstage in der 5-Tage-Woche beträgt.

Das Bundesarbeitsgericht hat die zum früheren Recht ergangene Rechtsprechung auch nach der Neufassung des Schwerbehindertenurlaubs bestätigt. § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX enthält für die Ansicht der Beklagten keine Anhaltspunkte.

Die Neuregelung im SGB IX beruht unverändert auf dem Gedanken, dass schwerbehinderte Menschen stärker erholungsbedürftig sind, weil sie stärker belastet sind und somit längere Zeit zur Erholung benötigen. Daher ist der Urlaub, den der schwerbehinderte Beschäftigte ohne seine Behinderung beanspruchen könnte, gem. § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX um fünf Tage aufzustocken.

BAG, Urteil vom 24.10.2006, 9 AZR 669/05

Gibt es einen gesetzlichen Zuschlag für Sonntagsarbeit?

Der Kläger war als Tankwart im Schichtbetrieb tätig, auch an Sonn- und Feiertagen. Der Kläger ist der Ansicht, er habe gem. § 11 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 5 ArbZG einen Anspruch auf Bezahlung eines Zuschlags für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen. Die Beklagte lehnt den Anspruch ab. Sie ist der Ansicht, nach § 11 Abs. 2 ArbZG gelten für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen die §§ 3 – 8 ArbZG entsprechend. Nach der Gesetzessystematik kommen die §§ 3 – 8 ArbZG nur bei einer Beschäftigung an Werktagen unmittelbar zur Anwendung. Dies ergäbe sich schon aus der Überschrift des zweiten Abschnittes des ArbZG.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass der Kläger keinen gesetzlichen Anspruch auf die Zahlung eines Zuschlags hat. Die in § 11 Abs. 2 ArbZG enthaltene Verweisung auf § 6 Abs. 5 ArbZG bedeute nur, dass auch an Sonn- und Feiertagen ein Zuschlag nur für Nachtarbeit fällig würde. Allerdings ist für die an Sonn- und Feiertagen geleistete Arbeit ein Ersatzruhetag zu gewähren, vgl. § 11 Abs. 3 ArbZG. Hinter dieser Vorschrift steht der Gedanke, dass aus Gründen des Arbeitsschutzes ein Ausgleich für die Sonntagsarbeit erfolgen soll. Die Verweisung in § 11 Abs. 2 ArbZG hingegen bezweckt den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer. Die Absätze 2 und 3 des § 11 ArbZG verfolgen damit unterschiedliche Ziele; die Annahme eines in § 11 Abs. 2 ArbZG geregelten gesetzlichen Zuschlags für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ist damit ausgeschlossen. Ein solcher Anspruch kann sich jedoch aus dem jeweiligen Arbeitsvertrag oder aus Tarifverträgen ergeben.

BAG, Urteil vom 11.01.2003, 5 AZR 97/05

Wie werden Nachtdienstzeiten angerechnet?

Der Kläger war bei der späteren Insolvenzschuldnerin von 1970 bis 1995 beschäftigt. Er schied auf Grund einer Aufhebungsvereinbarung gegen Zahlung einer Abfindung aus. Die Arbeitgeberin verpflichtete sich ausserdem, „die betriebliche Altersversorgung ... bis zur Fälligkeit, d.h. spätestens bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres zu bedienen“. Hiermit sollten Dienstzeiten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Nachtdienstzeiten) berücksichtigt werden. Darin lag der Verzicht, die Betriebsrente wegen des vorzeitigen Ausscheidens, wie gesetzlich vorgesehen, zeitratierlich, d.h. im Verhältnis der erreichten Betriebszugehörigkeit zu der bis zum 65. Lebensjahr erreichbaren zu kürzen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, auch der Pensions-Sicherungs-Verein müsse diese Vereinbarung beachten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision des Pensions-Sicherungs-Vereins ist erfolgreich gewesen.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, Nachtdienstzeitenvereinbarungen binden den Pensions-Sicherungs-Verein nur in Ausnahmefällen, etwa bei einem ruhensähnlichen Sachverhalt. Jedenfalls sind Versorgungsanwartschaften nur in Höhe des gesetzlichen Mindestschutzes insolvenzgesichert. Von den gesetzlichen Berechnungsgrundsätzen kann zugunsten der Versorgungsberechtigten abgewichen werden. Derartige Vereinbarzungen verpflichten zwar den Arbeitgeber, grundsätzlich aber nicht den Pensions-Sicherungs-Verein. Dies gilt auch für sogenannte Nachtdienstzeitenvereinbarungen.

BAG, Urteil vom 30.05.2006, 3 AZR 205/05

Darf ein Arbeitgeber Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen anrechnen?

Der Kläger ist als Kraftfahrer bei einem Logistikunternehmen beschäftigt. Kraft individueller Vereinbarung im Arbeitsvertrag sind auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge für das Speditionswesen in Bayern anzuwenden. U.a. ist im Arbeitsvertrag vereinbart, dass die übertariflichen Zulagen „jederzeit ohne Einhaltung einer Frist widerrufbar und anrechenbar auf kommende Lohnerhöhungen“ seien. Die tarifvertragliche Regelung sieht vor, dass „allgemeine tarifliche Erhöhungen ... nur dann auf übertarifliche Zulagen angerechnet werden“ können, „wenn dies dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nach der Kündigung des Lohntarifvertrages, mindestens 2 Wochen vor Auslaufen des alten Lohntarifvertrages in betriebsüblicher Weise bekannt gemacht wird.“ In den Jahren 1999 und 2000 wurden jeweils Anfang Juni neue Lohntarifverträge geschlossen. Sie traten jeweils am 01.07. in Kraft. Zusammen mit der Lohnabrechnung für August nahm die Beklagte gegenüber dem Kläger „rückwirkend“ zum 01.07. die Anrechnung der Tariflohnerhöhung auf die – höhere – übertarifliche Zulage vor. Der Kläger begehrt die angerechneten Beträge seiner übertariflichen Zulage.

Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen aber die Revision des Klägers insoweit zugelassen, als die Forderungen des Klägers nicht auf Grund der tariflichen Ausschlussfrist verfallen sind.

Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, auf Grund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung durfte die Beklagte die übertarifliche Zulage nur auf „kommende“ Tariflohnerhöhungen anrechnen. Eine Anrechnung, die wie hier erst im zweiten Monat nach Inkrafttreten der Tariflohnerhöhung erfolgt, betrifft nicht mehr die kommende Lohnerhöhung und ist deshalb unwirksam. Ob sich dasselbe Ergebnis auch aus der Tarifregelung ergibt und ob diese unwirksam ist, weil sie nach ihrer Wirkung eine (begrenzte) Effektivklausel ist, brauchte der Senat nicht zu entscheiden.

BAG, Urteil vom 17.09.2003, 4 AZR 533/02

Unter welchen Voraussetzungen können Zuwendungen widerrufen werden?

„Die Bezeichnung von Zuwendungen als „freiwillige Sozialleistung“ lässt in der Regel nicht den Schluss zu, die entsprechende Zusage des Arbeitgebers stehe unter einem Widerrufsvorbehalt.“ Amtlicher Leitsatz.

Dazu folgende nichtamtliche Orientierungssätze:

Werden in einer Gesamtzusage von Jubiläumszuwendungen diese als „freiwillige Sozialleistung“ bezeichnet, so lässt dies für sich genommen weder auf einen fehlenden Rechtsbindungswillen noch auf den Willen des Arbeitsgebers schliessen, sich den Wiederruf der Zusage vorzubehalten. Auch Bezeichnungen wie „Ehrengabe“ oder „Geldgeschenk“ rechtfertigen eine solche Auslegung der Zusage in der Regel nicht.

Ein Arbeitgeber, der sich den Widerruf derartiger Zusagen vorbehalten will, muss dies in seiner Erklärung gegenüber den Arbeitnehmern unmissverständlich deutlich machen, etwa indem er die Leistungen „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ in Aussicht stellt.

Wird nach dem einschlägigen Tarifvertrag die dort geregelte Ausschlussfrist gewahrt, wenn der Anspruch „durch den Betriebsrat dem Grunde nach geltend gemacht ist“, so reicht es jedenfalls hinsichtlich zurückliegenden Dienstjubiläen aus, wenn der Betriebsrat innerhalb der Frist der Einstellung der Zahlungen mit dem Hinweis widerspricht, die betroffenen Arbeitnehmer hätten einen individuellen vertraglichen Anspruch auf das Jubiläumsgeld.

BAG, Urteil vom 23.10.2002, 10 AZR 48/02

Inwieweit hat der Arbeitgeber familiäre Belange bei der Verteilung der Arbeitszeit zu berücksichtigen?

Geklagt hatte eine Altenpflegerin. Nach ihrer Rückkehr aus dem Erziehungsurlaub wollte sie im Sieben-Tages-Rhythmus im Nachtdienst bei der Beklagten eingesetzt werden. Die Beklagte hatte die Klägerin zu Nachtwachen im Zwei-Tage-Rhythmus eingeteilt.

Das Bundesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Arbeitgeber kann kraft seines Direktionsrechts die Lage der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit hierüber keine anderweitige kollektivrechtliche oder vertragliche Regelung getroffen ist. Der Arbeitgeber muss bei seiner Ermessensentscheidung die wesentlichen Umstände abwägen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigen Auf schutzwürdige familiäre Belange des Arbeitnehmers wie eine erforderliche Beaufsichtigung und Betreuung von Kindern hat er Rücksicht zu nehmen, soweit der vom Arbeitnehmer gewünschten Verteilung der Arbeitszeit nicht betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Beschäftigter entgegenstehen. Hier hat der Arbeitgeber die Klägerin ausschliesslich im Nachtdienst eingesetzt und damit die familiären Interessen von ihr angemessen berücksichtigt. Zwar wollte die Klägerin, deren ebenfalls im pflegerischen Bereich tätiger Ehemann nachts im Sieben-Tage-Rhythmus Rufbereitschaft leistet, den Nachtdienst wie vor ihrem Erziehungsurlaub deswegen auch wieder im Sieben-Tage-Rhythmus ausüben. Allerdings war nach ihrer Rückkehr aus dem Erziehungsurlaub bei der Beklagten nur ein Arbeitsplatz in einer Einrichtung frei in der die Nachtwachen im Zwei-Tage-Rhythmus organisiert sind. Da keiner der im Sieben-Tage-Rhythmus beschäftigten Altenpfleger mit der Klägerin den Arbeitsplatz tauschen wollte und einem von der Beklagten angeordneten Arbeitsplatztausch berechtigte Belange der Betroffenen entgegen gestanden hätten, entsprach die festgesetzte Zeit der Arbeitsleistung billigem Ermessen.

BAG, Urteil vom 23.09.2004, 6 AZR 567/03

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